Wofür entscheiden wir uns? (Macht.Demokratie 2.0)

Tuesday, April 9, 2024 19:30-21:30, Schloss Hunyadi
Speaker(s):

Marlene Engelhorn - BASF-Erbin

 

 Auszüge der Website Guter Rat:

 

Wenn die Politik versagt, müssen wir es selbst richten. Vermögen sind in Österreich ungleich verteilt - und damit auch Macht. Einem Prozent1 der Menschen gehört die Hälfte des gesamten Nettovermögens. 99 Prozent der Menschen müssen sich die andere Hälfte teilen. Das sind fast vier Millionen Haushalte.

Diese Schere geht Jahr für Jahr weiter auf. In Österreich wird jeder Euro, den man mit Arbeit verdient, besteuert - Reichtümer und Erbschaften aber kaum bis gar nicht. Wir sprechen hier von Dynastien, die über Generationen Geld und Macht anhäufen, aber ihre Steuern lieber vermeiden und so niedrig wie möglich halten - somit also ihren Beitrag an der Gesellschaft. Nur gäbe es ohne diese Gesellschaft solchen Reichtum nicht: Reichtum entsteht nie im Vakuum, sondern immer im Austausch mit anderen.

Auch Marlene Engelhorn stammt aus einer Dynastie. Aber sie kämpft seit Jahren dafür, dass Überreiche wie sie fair besteuert werden. Dass auch sie ihren Teil beitragen. Eigentlich wäre es der Auftrag der Politik, zu handeln und Steuern auf Vermögen und Erbschaften einzuheben. Und sie hätte die Bevölkerung hinter sich: Mehr als zwei Drittel der Menschen in Österreich, quer durch alle Schichten, sind für Steuern auf Vermögen. Aber die Politik versagt. Marlene Engelhorn ist nicht nur reich, sie ist auch ein Teil dieser großen Mehrheit, die sich eine andere Verteilung des Reichtums wünscht.

Deshalb legt Marlene Engelhorn ihr Vermögen - und ihr Vertrauen - in die Hände von 50 zufällig ausgewählten Menschen. Der "Gute Rat" entwickelt Ideen für den Umgang mit der Vermögensverteilung und entscheidet über die Rückverteilung von 25 Millionen Euro.

Marlene Engelhorn mit Präs. Xaver Roithinger und Vortragsmeiserin Birgit Chochola

Viele Gäste

Der Clubraum ist bis auf den letzten Platz gefüllt, als Präsident Xaver Roithinger pünktlich um 20:15 Uhr mit einem Glockenschlag das Meeting eröffnet. 

Die sehr große Zahl an Gästen ist sicherlich der Vortragenden Marlene Engelhorn geschuldet, die Xaver an dieser Stelle herzlich willkommen heißt.

Unter den Gästen sind Alexander und Philip Plappert vom RC Wien-West. Vom Soroptimist Club Mödling: Präsidentin Friederike GillissenJudith Hradil-Miheljak und deren Gast Sanaz Rezapour. Weitere Gäste von Clubmitgliedern sind: Brigitte Sladek, Jutta Mistelbacher, Martina und Hannes Cap. Weiters sind an diesem Abend viele Partnerinnen von Clubmitgliedern anwesende: Inge Braun, Edit Sima, Maja Kerschbaum, Ulrike Bergsmann, Michaela Roithinger, Marion Plesser und Martina Szalachy.

 

Regularien

Dem anwesenden Clubmitglied Wolfgang Sima wird herzlich zum bevorstehenden Geburtstag gratuliert.

Von Hubert Rinner wird spontan im Club für eine Schülerin 200 Euro gesammelt, damit dieser die Teilnahme an einer Schul-Projektwoche ermöglicht wird. Das nennt sich schnelle und effiziente Hilfe.

Klaus Bergsmann erinnert an die Kunst-Auktion, welche am 24. Mai 2024 stattfinden wird. Er verteilt Flyer und Plakate und erinnert nochmals daran, dass zur erfolgreichen Umsetzung unbedingt die Unterstützung durch alle Clubmitglieder erforderlich ist. Insbesondere muss der Pop-up-Store besetzt werden, wo die Bilder für der Auktion besichtigt aber auch Bilder, die nicht in die Auktion kommen, erworben werden können. Dieser Ausstellungsraum/Pop-up-Store befindet sich hinter dem Mödlinger Rathaus und wird vom 9. bis zum 26. Mai geöffnet sein (Donnerstag und Freitag von 16:00-18:00 Uhr und Samstag und Sonntag von 10:00-12:00 Uhr). Jede und jeder aus dem Club wird gebeten, über die persönlichen Kontakte und Sozialen Medien für diese Kunst-Auktion Werbung zu machen, damit unsere sozialen Ziele finanziert werden können (z.B. der mobile Operationssaal).

 Dann stellt Birgit Chochola die Vortragende Marlene Engelhorn vor und dankt, dass diese trotz ihrer aktuell sehr vielen Medien-Termine Zeit gefunden hat, für einen Vortrag im Rotaryclub Mödling.

Der Titel des Vortrags: Wofür entscheiden wir uns? (Macht. Demokratie 2.0) 

(als Einleitung: Frau Engelhorn hat ein großes Vermögen geerbt und überlegt wie kann dieses in sinnvoller und wirksamer Art und Weise der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden)

Marlene Engelhorn beginnt mit der Feststellung, dass sie es sich lange und gut überlegt hat, ob sie überhaupt die Einladung zu diesem Vortrag annehmen will. Sie hat schon mit ähnlichen Veranstaltungen mit kleinem Publikum die Erfahrung gemacht, dass nie sicher ist wie sich die Veranstaltung entwickelt. Und sie hat auch schon negative Erlebnisse bei solchen Vorträgen gemacht. Daher beginnt sie sehr nervös. Jedoch im Laufe des Abends löste sich diese Spannung und sie sprach sehr engagiert und mit Überzeugung über ihr einzigartiges Projekt.

Hier der Bericht mit ihren eigenen Worten: 

In Wien vor 31 Jahren in eine hoch vermögende Familie geboren, habe ich vor wenigen Jahren von meiner Großmutter ein beachtliches Vermögen geerbt und musste mir daher plötzlich überlegen und entscheiden, was will ich damit machen? 

Ich habe mich umgeschaut nach Beratung und der Kontakt mit der AG Steuergerechtigkeit Deutschland und der Bewegungsstiftung brachte für mich Ideen zum Thema „Verteilung meines Vermögens“. Nur, weil wir reich sind, hört man uns zu und obwohl ich keinen Hochschulabschluss oder spezielle Expertise habe, darf ich zu Verteilungsgerechtigkeit, Vermögen ect. sprechen. Das ist die Macht des Geldes.

Eine Erbschaft wird in Österreich nicht besteuert. Ist das richtig? Ist das gerecht? Was wäre eine demokratische Form der Verteilung von Vermögen. Vielleicht kann ich selbst eine Art Bürgerinnenrat erschaffen und so sinnvoll mein Vermögen verteilen.

Ich konnte darlegen, dass es ein öffentliches Interesse gibt, Verteilung zu diskutieren. Mir war wichtig, Experten zum Thema Verteilungsgerechtigkeit zu engagieren. Ich möchte meine Rückverteilung von Vermögen an demokratischen Prinzipien orientieren. Ich wollte, dass eine Gruppe von Menschen, welche die österreichische Bevölkerung repräsentiert, diskutiert, was gerechte Verteilung von Vermögen ist. Selbst bin ich nicht Teil dieser Denkergruppe. Meine Rolle ist es, diese Gruppe zu ermöglichen und deren Arbeit zu finanzieren. Letztlich wird diese Gruppe entscheiden, was mit meinem Vermögen geschieht.  Ich bin für eine progressive Kapitalertrags-Besteuerung und für eine Erbschaftssteuer vor dem Hintergrund einer Verteilungsgerechtigkeit.

Das Gremium, welches letztlich über die Verteilung meiner 25 Millionen Euro entscheiden wird, ist der „Gute Rat“: erstellt nach demokratischen Grundsätzen; 10.000 Adressen wurden zufällig ausgewählt, darauf kamen 1424 Rückmeldungen und daraus wurden 50 konkrete Personen und Ersatzpersonen ausgewählt. Dieser Prozess wird bis zum Sommer dieses Jahres dauern. Dann wird dieser „Gute Rat“ entscheiden, wie mein Vermögen verwendet und verteilt wird.


Nach diesem beeindruckenden Vortrag wurden u.a. folgende Fragen an Frau Engelhorn gestellt, die sie auch bereitwillig beantwortet.

Gibt es Rückenwind von der Familie?

Ich werde unterstützt von meiner Familie, das liegt daran, dass die Idee für eine demokratische Gesellschaft und Teilen, in unserer Familie selbstverständlich ist.

Wollen Sie nicht bestimmte Zwecke unterstützen, wie viele andere Stiftungen?

Ich habe mir alle Möglichkeiten angesehen und mir war dann aber wichtig, Strukturen zu verändern, also strukturelle Veränderungen in der Gesellschaft herbeizuführen und nicht spezifisches Sponsoring zu machen. Über eine Stiftung würde ich die Macht behalten. Das wolle ich nicht und verfolge daher meine eigene Ideen. Der „Gute Rat“ denkt selbständig und unabhängig von mir, wie Strukturen verändert werden können.

Wie werden Sie mit den künftigen Entscheidung des Guten Rates umgehen? Werden Sie das Ergebnis vorbehaltlos annehmen?:

Ich werde mich sicher zum Ergebnis äußern, ich habe jedenfalls kein Vetorecht gegen das Ergebnis oder dessen Veröffentlichung. Mich interessiert dabei, wie so ein Bürgerrat funktioniert, wie ist die Entscheidung zustande gekommen. Ich möchte Transparenz dazu. Ich hoffe, dass der „Gute Rat“ sich im Ergebnis von mir emanzipiert und dazu langfristig weiteres diskutiert wird.

Haben sich andere hoch Vermögende dem „Guten Rat“ angeschlossen - etwa durch Spenden?:

Nein, aber ich werde von Vermögenden bezüglich dieses Projektes beobachtet.

Wie sehen Sie das jetzige Regierungssystem? 

Der „Gute Rat“ ist demokratisch. Die parlamentarische Demokratie sehe ich in Österreich als sehr junge Demokratie, der Sozialstaat ist ein Ergebnis der 1. Hälfte des 20. Jahrhundert, also jung und noch entwicklungsfähig. Die Wahlen und die parlamentarische Demokratie sind ganz wunderbar, aber wir stehen doch erst am Anfang. Derzeit repräsentiert das Parlament die Parteienlandschaft, ein Bürgerrat könnte daher eine gute Beimengung zur Meinungsbildung sein.

Das wesentlichste Feedback aus dem ersten Wochenende, wo der "Gute Rat" getagt hatte war, dass es die Menschen gar nicht "packen" konnten, dass man ihnen einmal zuhört.

Wenn es gut funktioniert und das Geld ist weg, was machen Sie dann aus Sicht einer Nachhaltigkeit?

Das wird man sehen! Es sollte nicht so wichtig sein, ob so ein Bürgerrat nachhaltig aufgestellt ist. Es geht darum, dass dieser nachhaltige Lösungen entwickelt im Sinne eines „Participatory Grant Making“. Wie kann man die Begünstigten einbinden in die Vergabe der Mittel? Es ist hoch interessant, was da für Ideen herauskommen, damit die Menschen erreicht werden, die es am Nötigsten brauchen.

Haben Sie dem „Guten Rat“ eine Frist gegeben? 

Der Bürgerinnenrat endet am 8./9. Juni 2024, es sind nur 6 Monate in denen sie entscheiden können, welche Verteilung erfolgt. Entscheiden sie nicht, geht das Vermögen an mich zurück und dann starte ich im nächsten Jahr ein neues Projekt.

Wird das Projekt wissenschaftlich begleitet

Ja, das „foresight Institute“ macht interne und externe Evaluation.

Wie verhindern Sie, dass der "Gute Rat", als repräsentative Vertretung der österreichischen Bevölkerung, nicht durch rechtsextremes Gedankengut im Ergebnis beeinflusst wird?

Ich habe Bedingungen festgelegt, wofür mein Geld nicht verwendet werden darf. Darunter ist auch Finanzierung des Rechtsextremismus, Verhinderung der Demokratie, rein gewinnorientiere Projekte, .... insgesamt sind das 5 NOGOs. Das Ergebnis wird im „Konsent-Verfahren“ erzielt, d.h. es sollte keine reinen Mehrheitsentscheidungen geben sondern "systemisches Konsentieren". Damit werden extreme Sichtweisen methodisch zurückgedrängt.

Wie inklusiv ist der Rat?

Es gibt eine Person mit Lernbehinderung, Rollstuhlfahrer, Gehörlose, alle Altersstufen etc., psychische Krankheiten werden nicht abgefragt (ist nicht zulässig!!) daher kann ich nicht sagen, ob Personen mit psychischen Erkrankungen darunter sind.

Könnten Sie sich vorstellen, sich selbst nach dem Projekt politisch zu engagieren?

Denkbar ja, aber nicht parteipolitisch!

Der abschließende Applaus zeigte, dass das Publikum sehr beeindruckt war von Marlene Engelhorns Ausführungen. 

Nachdem Präsident Roithinger das Meeting mit einem Glockenschlag beendet hat, gibt es noch lange Gelegenheit an der Bar mit Frau Engelhorn zu diskutieren. Die letzten Gäste haben erst gegen 22:30 Uhr das Schloss Hunyadi verlassen. Es war sicherlich einer der merkenswertesten Clubabende des RC Mödling. 


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